Eine Geschichte über Selbstzweifel, Mut und das Finden des eigenen Elements
Tilda fühlt sich oft zu langsam, zu schwer, zu wenig. Doch eines Tages begegnet sie einer Libelle – und entdeckt, dass sie gar nicht falsch ist, sondern nur noch nicht an ihrem Ort angekommen. Eine poetische Mutmach-Geschichte über Selbstzweifel, das eigene Tempo und das Finden des eigenen Elements.
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Am Rand einer stillen Lichtung, wo das Gras weich war und die Luft nach Morgentau roch, lebte eine kleine Schildkröte namens Tilda.
Tilda war leise.
Tilda war vorsichtig.
Und Tilda war … traurig.
Denn während der Hase Haken schlug, das Eichhörnchen durch die Äste sprang und der Frosch über den Teich hüpfte, saß Tilda oft nur da.
Sie sah ihnen zu – und dachte:
Ich bin zu langsam.
Ich bin zu schwer.
Ich kann das nicht.
Niemand wusste so recht, woher Tilda kam.
Eines Tages war sie einfach da – am Ufer des Sees.
Die Großen sagten, sie sei wohl vom Wasser hergekommen, ganz klein noch, kaum größer als ein Kieselstein.
Aber Tilda konnte sich nicht erinnern.
Also blieb sie. Und schaute.
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Eines Morgens schimmerte das Wasser besonders hell.
Über der glitzernden Oberfläche tanzte eine Libelle.
Sie war so leicht, so leise, dass selbst die Blätter nicht flüsterten, wenn sie vorbeizog.
Die Libelle bemerkte Tilda und hielt inne.
„Warum bist du hier allein, kleine Schildkröte?“
Tilda senkte den Blick.
„Weil ich nichts kann. Ich bin eben so … langsam.“
„Ich kann nicht springen. Nicht fliegen. Nicht singen. Ich bin … falsch.“
Die Libelle schwebte näher.
Sie lächelte.
„Vielleicht liegt es nur daran, dass du noch nicht am richtigen Ort warst.“
Tilda blinzelte.
„Was meinst du?“
Die Libelle deutete mit ihren glitzernden Flügeln auf den See.
„Vielleicht gehörst du nicht auf die Wiese. Vielleicht wartet dein Tanz woanders.“
Dann flog sie davon.
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Tilda blieb noch lange sitzen.
Sie dachte. Und dachte.
Schließlich stand sie auf. Ganz langsam.
Sie tappte zum Ufer.
Ein Windhauch strich über das Wasser – und für einen Moment sah sie ihr Spiegelbild:
Rund. Sanft. Stark.
Und doch so anders als die anderen.
Bin ich wirklich falsch?
Oder habe ich nur noch nicht herausgefunden, wer ich bin?
Was, wenn ich auch leuchten kann – nur eben anders?
Da rutschte sie aus – und platsch! – fiel ins Wasser.
Erst war sie erschrocken.
Doch dann …
… geschah etwas Wunderbares.
Im Wasser war sie leicht.
Ihre Beine bewegten sich, ganz von allein.
Sie glitt.
Sie schwebte.
Sie flog – nur eben unter der Oberfläche.
Tilda lachte. Laut und klar.
„Das … das bin ich!“
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Als sie auftauchte, saß die Libelle auf einem Seerosenblatt.
Sie nickte.
„Manchmal müssen wir nur wissen, wohin wir wirklich gehören.“
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Die Moral der Geschichte:
Nicht jeder gehört auf die Wiese.
Manche entdecken ihr Glitzern erst, wenn sie sich ins Wasser wagen.
Und manchmal zeigt dir jemand mit Flügeln,
dass auch du fliegen kannst – auf deine Weise.